#3
von Tarishan
Kopfweh. Pochen, dumpfes Pochen war das erste was Enyo wieder mitbekam als sie wieder wach wurde. Sie getraute sich erst gar nicht die Augen zu öffnen aus Angst, daß die Schmerzen schlimmer werden würden. Bis ihr schlagartig bewusst wurde, was zu den Kopfschmerzen geführt hatte. Die Jagd auf die Bluttrollin. Dieses hellblaue Leuchten, Trollgeister? Und dann der Sturz. Stöhnend öffnete sie behutsam die Augen, darauf gefasst, daß das Pochen gleich intensiver über sie hereinbrechen würde.
„Na da ist das kleine Kätzchen aber böse abgerutscht“ hörte sie eine tiefe dunkle Stimme neben sich, noch bevor sie überhaupt die Augen geöffnet hatte. Sie würde zu gerne nun die Augen aufreißen, aber die Kopfschmerzen hielten sie davon ab, trotz des Wissens um die Gefahr in der sie nun schweben könnte.
„Ja ja, Kopfschmerzen sind echt kacke. Aber sich so zu unterhalten macht auch einfach keinen Spaß und ich stehe so auf Unterhaltung….“ Enyo spürte einen Luftzug neben sich, als würde eine Gestalt sich plötzlich bewegen. Der Luftzug erfasste sie. Nein, eigentlich erfasste er ihren Kopf. Es war als würde er durch sie hindurch wehen. Und er nahm die Kopfschmerzen mit. Was zur Hölle…?
Enyo schlug, nun befreit von den Schmerzen, die Augen auf. Eine Gestalt schwebte vor ihr. Es war ein Troll, aber größer als normal. Nein, kein Troll. Eine Geißel? Er hatte ein Totenkopf als Schädel und glühende Augen. Erschrocken stellte sich Enyo auf alle vier Pfoten auf und wisch zurück. Bis ihr auffiel, daß eine Geißel normalerweise nicht sprach. Sie nahm auch keine Schmerzen, sondern hätte Enyos Zustand eher ausgenutzt um zu töten. Und sie schwebte auch nicht. Enyo betrachtete die Gestalt genauer. Es war ein Troll. Dunkle Hautfarbe, dort wo er nicht aus Knochen bestand, aber auch dort schütze eine Rüstung, gebaut aus Knochen, sein Fleisch.
Ein Gestell am Rücken, welches über die Schultern ragte, wie es normalerweise Schamanen trugen. Enyo holte tief Luft als sie ihn erkannte. Wandelte ihre Gestalt in die der Trollin, ihre Gedanken rasten.
Ihre Mutter würde ihr nun auf den Hinterkopf hauen, vermutlich mit einem Stab und sie anschnauzen sie solle Respekt bezeugen und knien.
Ihr Vater würde sagen sie solle eine Cobra sein. Arsch rein, Bauch anspannen, Schultern zurück und Kinn vor. Wie eine Cobra zum Angriff. Das war der Respekt eines Kriegers.
Und ein Krieger wollte sie sein. Bwonsamdi kicherte amüsiert als er ihr Gedankenspiel im Gesicht ablesen konnte und sie Haltung einnahm.
„Ah…. Sieh an….sieh an. Das Erbe der alten Dunkelspeerkrieger in den Adern, hm?“ Bwonsamdi lief schwebend um Enyo herum als würde er sie begutachten. Vielleicht tat er das, aber sie vermutete es sollte eher einschüchtern. Was ihm damit auch gelang. Nur würde sie das niemals zeigen. Haltung wahrend blieb sie stehen und blickte geradeaus.
„Ganz der Vater. Er hat mir oft von dir erzählt….“ Bwonsamdi blieb vor Enyo stehen und betrachtete amüsiert ihr verwirrtes Gesicht. „Hat er dir nicht erzählt, nicht wahr?“
Enyo schluckte. Ihr Vater hatte mal von Bwonsamdi gesprochen. Er war ein Loa der Dunkelspeere. Man redete in der Familie auch mal über die Loa. Aber er hatte ihr nie gesagt, daß er in Kontakt mit dem Loa der Toten stand. Es war ein unangenehmes Gefühl. Der Loa der Toten galt als äusserst harter Dealpartner.
„Oh nein nein….. versprochen hat er mir nie etwas. Was durchaus schade war. Es gab genug verlockende Angebote. Aber er blieb hart. Tja, dann hast du halt auf das eine oder andere bisher verzichten müssen. Bist halt der Fledermaus nachgerannt, die sich absolut nicht für dich interessiert hat….“ Zuerst zeigte Bwonsamdis Gesicht gespieltes Bedauern, nun schaute er sie lauernd an ob sie seinen Hinweis verstand.
In Enyos Kopf raste es. Sie hatte all die ganzen Jahre gedacht ihr Vater würde Hir’eek huldigen. Aber wenn sie so darüber nachdachte hatte er das nie bestätigt, sie hatte einfach nicht danach gefragt sondern angenommen. Aber warum?
Seine Deals sind hart. Enyo konnte die Worte ihres Vaters in den Gedanken hören. Er wollte, daß sie erst mit Bwonsamdi in Kontakt kam, wenn sie alt und reif genug war?!
„Was hat er dir erzählt?“ sie versuchte aus der Rolle des eingeschüchterten Opfers raus zu kommen indem sie nun das Gespräch bestimmen wollte.
Die schwebende Gestalt mit den Totenkopf kicherte amüsiert. Für ihn war das wohl eher nur ein Spiel. Enyo dagegen kam sich gerade vor als würde ihr Leben das Spielbrett sein.
Er wedelte mit der Hand, als wäre die Information unwichtig. „Er sprach voller Stolz davon wie du in seine Fußstapfen trittst. Wie gut du dich im Kampf zeigen würdest. Als du gezeigt hast, daß du die Gestalt ändern kannst. Von deiner verzweifelten Suche nach einem Loa hat er mir allerdings nie berichtet. Aber sowas brauchte er auch gar nicht. Ich habe ja selbst Augen im Kopf.“ Nun lachte Bwonsamdi als er sich erinnerte. „Wie verzweifelt du am Schrein von Hir’eek gesessen hast. Immer und immer wieder Opfer gebracht hast und die Fledermaus sich nicht um dich geschert hat. Zu gerne hätte ich dir gesagt wie schwachsinnig dein Vorhaben da war. Aber das war ein Deal mit deinem Vater.“ Eine Art schwebender Spiegel tat sich neben Bwonsamdi in der Luft auf. Seine Fläche zeigte Enyo als Teenager wie sie am Schrein der Fledermaus Opfer brachte. Zuerst war es nur Obst. Später Handelswaren. Enyo wurde im Rückblick immer älter, die Opfergaben immer größer und wertvoller. Bis man sie als Bär sah, der einen abgetrennten Kopf an den Schrein legte.
Ein Deal mit ihrem Vater, daß sich Bwonsamdi nicht einmischte in ihre Suche. Sie fragte sich wieviel ihn der Deal gekostet hatte. Immerhin lebte er noch und erfreute sich bester Gesundheit. So zumindest ihr letzter Stand, trotz des momentan aufbrechenden Krieges.
„Und nun ist sie kaputt und geschändet….“ Der Spiegel zeigte den letzten Kampf der Anduris mit Hir’eek, verdorben und gebunden dank der Bluttrolle.
Schlagartig wurden ihr wieder Thoshis Worte bewusst, daß sie nun vielleicht die Chance hätte ihren wahren Loa zu erkennen. Mit leicht zusammen gekniffenen Augen betrachtete sie Bwonsamdi. Für ihn schien das ganze Spiel hier eher ein offenes Buch zu sein. Seinem Gesicht nach konnte sie sehen, daß das ganze für ihn weniger geplant lief als für sie.
„Du willst, daß ich dich als mein Loa nun anerkenne“ schlussfolgerte Enyo und betrachtete den Loa ihr gegenüber. Bwonsamdi lachte laut auf und schien sich prächtig zu amüsieren, als hätte sie den besten Witz seit Jahrzehnten gemacht.
„Oh je. Kleine Katze, du musst noch so viel lernen. So wichtig bist du nicht, daß ich um dich bettele.“
Nun war es an Enyo die Oberhand zu gewinnen, zumindest fühlte sie sich gerade so. Sie streckte das Kinn empor und schaute dem Totenloa in die Augen, oder das was man so Augen nennen konnte.
„Warum sonst solltest du das hier arrangiert haben? Warum sonst solltest du mit meinem Vater eine Art Deal ausgehandelt haben? Warum sonst nimmst du mir die Kopfschmerzen und unterhälst dich nun mit mir? Schieß los. Wie lautet dein Deal?“ Enyo verkrampfte sich innerlich. Ihre Mutter würde ihr mit dem Stab eins überbraten wenn sie wüsste, wie sie gerade mit einem Loa, auch noch Bwonsamdi sprach. Aber was hatte Enyo schon zu verlieren? So wie die Sache aussah war sie doch irgendwie sowieso in seiner Hand.
Bwonsamdi brach nun in schallendes Gelächter aus. Enyo enstpannte sich, hatte sie doch damit gerechnet ihn nun heraus gefordert zu haben.
Bwondsamdi schwebte nun gen Boden. Seine Füße standen nun fest auf dem Boden und doch überragte er die Trollin vor sich um über zwei Köpfe lang. Es kostete sie viel Mut nicht zurück zu zucken, als er sich zu ihr runter beugte und ins Ohr flüsterte.
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Nimm das Leben nicht so ernst, du kommst da eh nicht lebend raus...